Grüezi und herzlich Willkommen

Ich nehme Sie mit auf eine Reise….

17. Kapitel: Die Sternschnuppe

 

*Lass uns gehen*, sagte ich lächelnd zu Andreas und wir zogen los. Unsere Tochter begleitete uns. Damals als wir mit Kind und Katze das gleiche taten.
*Wir hatten kleine Gameboys und verkrochen uns unter den Tischchen. Wir spielten uns die Augen wund*, erzählte sie uns.

Wir betraten das Gebäude. Sofort wusste ich, wohin ich musste.  Dennoch es war seltsam, die sogenannte *Cafeteria* war wie leergefegt. Ich war gewappnet, hatte erwartet und war bereit. Aber der Ort, der Platz, er war leer. Etwas abseits hinter einem Stützpfeiler sassen zwei, drei Leute, die leise, geistesabwesend einen Imbiss zu sich nahmen. Weiter hinten in einer Nische, warteten weitere, um die Masse zu bedienen. Eine Masse, die fehlte und auch nicht kommen würde. Wir bogen ab und standen in der Halle. Sofort sprang mir die Bühne ins Blickfeld und das bekannte Gesicht am Einlass. Wir hatten wohl beide nicht damit gerechnet. Damals als Du mit Deinen wunderschönen Norwegischen Waldkatzen an mir vorbeimarschiertest. Direkt nach vorne, vorne zur Bühne, da wo die unzähligen Richter warteten...

Wir begrüssten uns, sprachen und teilten die gehörige Höflichkeit aus. Die Zeit schien sich zurückzudrehen, sie lies mich mitziehen in das Geschehen hinein, dass ich nach wie vor kannte. Nichts war vergessen, nichts weg. Alles da, ich wusste sofort, wo und wie es funktionierte und dennoch nahm ich wahr, wie verzweifelt versucht wurde, eine Ausstellung, eine Show zu bieten, die keine mehr war. Nicht so, wie ich es kannte, nicht so wie wir es gewohnt waren. *Wo hast Du Franco?* fragte Andreas, die Bekannte. Da sah ich ihn, er nahm die Treppe hinunter und verschwand im Ausstellungssektor. Es war jener Mann, der mir damals einen Rat gab. *Züchte nicht mit ihm, kastriere ihn, behalte ihn, aber züchte nicht mit ihm*.

Ihr seit noch da? Seit noch dabei? Dachte ich mir. Wie ich mich innerlich freute! Während wir durch die kleine Ausstellung spazierten, bei den Einkaufsständen die kleinen und grossen Spielsachen begutachteten und kritisch beurteilten, ob es denn für unsere Wilden zu Hause ausreichen würde, halten könnte und wir es kaufen sollten suchte mein inneres Auge weiter. Wo waren sie? Wir wollten sie sehen, die Nordischen und wurden ungläubig, waren erstaunt. Damals als wir in dieses Geschehen eintauchten, mitmachten und auch für unsere Punkte kämpften, damals als bis zu 40 Norwegische Waldkatzen in allen Farben, verschiedenen Altersklassen gegeneinander antraten. Richter vom hohen Norden mit dabei waren. Richter, die prädestiniert waren, die das Züchten kannten und Winner Tiere hervorgebracht hatten. Heute, jetzt sahen wir vielleicht noch vier oder waren es fünf Norwegische Waldkatzen an einer Ausstellung? Damals als man nur den kleinen rot-blauen Fähnchen nachjagen musste und wusste hier, hier in diesen Sektoren sind sie. Damals als wir Aussteller um die Gunst der Zuschauer, des Besuchers buhlten, weil eine Katze schöner war, als die andere und man doch so gerne die Bewunderung für seine eigene Schöne einheimschen wollte. Wo waren sie? All die Schönheiten des hohen Nordens? Wir waren ungläubig, verwundert und auch enttäuscht. Längst hatte die Gruppe Zwei an die Kategorie Drei abgetreten. Heute wird, wie mir scheint, das ganze Spektakel und Schauspiel nicht mehr von den Nordischen und von den Grossen Coonis behauptet, sondern von der Gruppe Drei – den Kurzhaar und Exoten. Was sich wie ein wunderschönes Licht am Sternenhimmel aufzeigte, entpuppte sich als eine Erinnerung einer Sternschnuppe. Doch nicht nur ganze Farbeinschläge fehlten, ganze Altersgruppen waren nicht mehr anwesend, so ist und war das ganze Richterspiel, die Best in Show nur noch ein Andenken an frühere Zeiten, wie es einmal war. Gekämpft wird längst nicht mehr. Konkurrenz gibt es keine mehr. Wer die Geldpreise, den Blumentopf nach Hause tragen darf, wird nun unter seinesgleichen ausgetragen. Schade dachte ich mir und ich wusste, Dein Kapitel steht an.

Wie gerne hätte ich Dich hier gesehen. Nun vielleicht nicht gerade hier, denn heute wärst Du stolze Kastratin. Wärest Du noch bei uns oder hätte Dich die Zeit mitgenommen? Damals, Du bist an einem Mittwoch geboren und wie ich im gleichen Sternenbild. Gefunden habe ich Dich in Berlin – Deutschland. Natürlich habe ich angefragt und es mag arrogant klingen, natürlich wurde ich mit offenen Armen empfangen, weil wir als grosse Zucht galten. Doch was ist *Gross*? Die Grösse? Das Erreichte? Der Bekanntheitsgrad?

Das Geld war knapp, ich konnte mir eigentlich kein Neumitglied leisten und nach reiflicher Überlegung teilte ich das Deiner Ziehmama mit. *Es geht nicht, ich kann nicht*. Traurig, aber einsichtig gab ich zu, die Geldmittel waren im Moment erschöpft. Denn im gleichen Jahr des Umzuges, der Renovation, des Baus, der gesamten Katzenanlage, bist Du geboren und sie nannten dich Gilli…

Quarans Gillianne wurde am 9.9.2009 geboren. Eine echte Berlinerin und eine Schildpatt. Damals galten die Schildpattkatzen als Glückskatzen und es wird wohl auch heute noch so sein. Dass die Schwarzen ebenso Glückskatzen sind und gelten ist eher unbekannt und geht tief ins Keltentum zurück. Die Dreifärber aber galten in unserer Showzeit als die Glückskatzen und Glück konnte ich immer brauchen. Doch es war nicht der Grund, warum ich Dich bei uns haben wollte. Die Linien, dessen Blut in Gilli flossen waren gut, das Aussehen toll. Mir gefiel die Kleine, aber ich konnte nicht zugreifen. *Wieviel hast Du? Uli, wie viel kannst Du geben?. Gib was Du hast, es ist okay* teilte mir Gilli’s Züchterin mit. Ich weiss nicht einmal mehr ihren Namen! Doch vielleicht hätte ich es tun sollen. Wäre da nicht mein verdammter, sturer Kopf, mein Stolz gewesen. Irgendwie kratzte ich, irgendwoher das nötige Geld zusammen. Wie wir Gilli aber zu uns nach Hause holen sollten, wusste ich nicht? Eigentlich plante ich per Auto die Strecke nach Berlin zurückzulegen. Ich war bereit, im Auto zu nächtigen und belegte Brote würden schon reichen. Die Kosten mussten so gering wie möglich gehalten werden. Doch Andreas war anderer Ansicht. Am Donnerstag, 3. Dezember 2009 flog er nach Berlin. Einen Tag vor der Geburt eines besonderen Glückssterns. Doch damals, einen Tag zuvor flog Andreas nach Berlin und holte Dich Gilli ab.

Zuhause bei uns gliederte sich Gilli problemlos ein. Sie war anhänglich, ein unglaublich liebenswertes Geschöpf. Warmherzig und kannte keine Aengste oder Scheu. Gilli liebte die Babys, welche geboren wurden, spielte mit ihnen und war Spielgefährtin, Amme und Tante zugleich für die Kätzchen. Die Zeit zog ins Land und Gilli entwickelte sich zu einer grossen, starken Jungkatze. Nur es zeigte sich auch, es passte alles irgendwie bei Gilli nicht zusammen. Ich kannte das und es war gut so. Eine Norwegische Waldkatze darf sich nicht innert kurzer Zeit pfannenfertig präsentieren. Damals als wir noch *Green Hörner* in diese Szene waren und nun wirklich nichts von all dem wussten, nicht einmal den Rassestandart kannten, erzählte mir eine damals sehr bekannte Schweizer Züchterin: *Kaufe niemals ein pfannenfertiges Kitten. Lass es ziehen. Jeder Liebhaber wird erfreut rufen, wie schön das Kleine ist. Sie wird eine Schönheit! Doch ich sage Dir, lass sie ziehen…. Behalte jenes Kätzchen im Auge, welches niemand möchte, weil das Kleine irgendwie weder nach Fisch noch nach Vogel ausschaut. Behalte genau dieses eine Kitten und siehe zu*. Natürlich muss ein Züchter auch die Vorfahren kennen, um zu wissen, was aus einem kleinen Tiger werden kann. Doch diese Lehre war und ist nicht so verkehrt und so wusste ich, was aus Gillianne werden würde.

Wir waren damals eine Familie und mit drei Kindern nicht eine Kleinfamilie. Gerade um die Weihnachtszeit gab es viel zu tun. Alles musste für die Festtage organisiert werden. Der Weihnachtsbaum, das Festessen, die Geschenke, welche natürlich nicht fehlen durften ec. Damals als Andreas für mich den Impftermin für Gilli wahrnahm, damit es vor den Festtagen erledigt war. Damals als eine neue Firma, ein neuer Impfstoff auf den Markt brachte. Diesen Impfstoff niemand kannte und auch nicht wusste, welche Wirkung geschehen konnte….

Im Januar 2011 erkrankte ich an einer Grippe. Eigentlich nichts Aussergewöhnliches. Die Grippe zwang mich ins Bett und ich schlief das Wochenende praktisch durch, während meine Familie, die Kinder und Andreas die Zucht versorgten und am Laufen hielten. Die älteste Tochter übernahm die Fütterung in den Gehegen, während die anderen dies im Haus erledigten. Das kleine Mädchen arbeitete sehr genau und akribisch. Nichts lies sie aus, alles wurde exakt ausgeführt. Sie hatte es schon duzend Male bei ihrer Mutter gesehen, mitgeholfen. Es wusste, wie es sein musste und erledigte alles perfekt. Das dabei ein Katzenmädchen sich nicht so recht blicken lies, sich zurückzog, sich verkroch fiel der Kleinen nicht auf. Denn sie hatte grosse Freude und fühlte sich so Erwachsen, weil sie ihre Aufgabe im offenen Katzengarten perfekt erledigte. Noch heute kämpft meine Tochter mit Selbstvorwürfen, die nicht nötig und auch nicht gerechtfertigt sind. Denn wer weiss es schon, ob es mir aufgefallen wäre?

Es war die Zeit, wo hier eisige Kälte herrschte und wir Menschen gerne im gemütlichen Wohnzimmer die Zeit verbrachten. Unsere Tiere aber waren gerne draussen. Vor allem dann, wenn es draussen windig wurde, die Blätter wie kleine Propeller umherflogen oder die Schneeflocken im Windspiel umhertanzten. Dann spazieren unsere Katzen immer wieder nach draussen in ihren Katzengarten. Es wird gespielt, fangen gemacht oder aber auch in den beheizten Häuschen gedöst oder das Wetterspiel beobachtet. So auch damals.

Gilli kämpfte nach der Impfung am Donnerstag, 16. Dezember 2010 bis Ende Januar 2011 gegen eine Impfreaktion, welche die Katzenschnupfen/Seucheimpfung hervorgerufen hatte, um am Montag, 31. Januar 2011 dem Leiden zu erliegen. War das möglich? Zumal die Impfreaktion das sogenannte Parvovirose Virus hervorgerufen hatte. 

Nun die Untersuchung, die Recherchen ergaben, dass der Impfstoff damals mit abgeschwächten, lebenden Viren arbeitete, die dennoch einen Weg fanden, das Immunsystem von Gilli langsam, aber stetig zu schwächen. Man muss hier auch erwähnen, eine Impfreaktion wird vor allem dann ausgelöst, wenn eine Katze nicht zu 100% vital und körperlich stark genug ist. Nur Gillianne hatte ein Kampfgewicht von über 5.5 Kilo. Das heisst, Gilli hatte ein starkes Immunsystem, dass dem Erreger dennoch ausgesetzt war und der Erreger schaffte es anzugreifen und zu schwächen. Niemand von uns bemerkte es, dass dieses Virus schleichend, langsam seinen Weg suchte, um dann innert Stunden, Minuten in aller Aggressivität voll zuzuschlagen. Ich hatte keine Chance!

Am Montagmorgen 31. Januar 2011 übernahm ich nach einem Wochenende mit Tee, fiebersenkenden Medikamenten wieder die Zuchtarbeit und als ich die Aussenanlage betrat, viel mir auf, dass ich Gilli noch nicht gesehen hatte und so begann ich Gilli zu suchen. Vermutlich im Haus, dachte ich mir und marschierte zurück ins Haus, begann nach Gillianne zu rufen. Doch diese grosse, wunderschöne Schildpattkatze zeigte sich nicht. Habe ich sie nicht gesehen? Dachte ich mir und marschierte wieder in den offenen Katzengarten. Doch wo ich auch suchte, Gilli war nicht zu entdecken. Keinen Spalt blieb aus, kein Versteck, keinen Winkel, alles begann ich auf den Kopf zu stellen und meine Angst wuchs, bis ich ein leises Wimmern vernahm. Gilli verkroch sich unter die wärmenden Winterhäuschen. Ein Schlupf, nicht grösser als für ein kleines Kätzchen. Wie also sollte das gehen? Ich kniete nieder, legte mich auf den blanken Boden und lugte vorsichtig unter die Hütte. Aengstliche, erschrockene Augen sahen mich fragend an.

Wie ich Gilli da hervorbrachte? Wenn ich es wüsste! Das Wärmehäuschen war mir in diesem Moment völlig egal. Was für mich zählte, meine Gilli hatte offensichtlich Schmerzen und ich kannte nur eines, ich musste zu ihr gelangen. Innert wenigen, kurzen Augenblicken hatte ich Gillianne in meinen Armen und stellte sie vorsichtig auf Ihre Beine. Gilli brach sofort ein. Jetzt begann der Wettlauf mit der Zeit des Lebens, der schon lange begonnen hatte und ich nicht gewinnen konnte. Ich rannte mit Gilli auf meinen Armen durch die Anlage, ums Haus in den unteren Stock. Behutsam betete ich sie auf weiche Laken im unteren Bad und schloss die Türe. Den Kindern schrie ich im vorbei rennen zu, nicht das Badezimmer zu betreten. Ich nahm zwei Stufen gleichzeitig ins obere Stockwerk, rannte ins Wohnzimmer, packte mein Handy und wählte mit zitternden Fingern die Nummer unseres Tierarztes. Ich wollte keinen Termin, sondern informierte nur, dass ich kam, und ich hatte einen Notfall. *Hören Sie! Sie rinnt mir durch die Finger, es ist, als ob ein Sauger auf der anderen Seite das Leben absaugt!!*
*Kommen Sie!*
Und weg war ich. Ich schrie den Kindern zu, alles so zu lassen, wie es war und einfach die Schule zu besuchen. Mami würde am Mittag zu Hause sein. Gilli legte ich in weichen Tüchern auf den vorderen Sitz des Wagens, während die Geschwindigkeit meiner Fahrkünste sicherlich meinen Fahrausweis gekostet hätte. Doch ja, ich weiss, es ist und war sträflich, nur in diesem Augenblick, war es nicht das was zählte. Ich wollte, ich musste in die andere Ortschaft, in diese Praxis und ich fuhr, als wäre der Teufel hinter mir her.

Gilli sah mich während der Fahrt an, mauzte mir zu: *Süsse halt durch, ich bin bei Dir, wir schaffen das. Bitte halt durch….* Doch Gillianne begann sich zu verabschieden. Bei der Tierarztpraxis angekommen rannte ich mit ihr auf meinen Armen in die Praxis, geradewegs ins Behandlungszimmer….

Gilli wurde vor meinen Augen reanimiert und obwohl sie Gilli beim dritten Versuch am Leben erhalten konnten, war der Lebenswille, die Energie sehr, sehr schwach. Völlig neben mir, unter Schock, stand ich daneben und sah teilnahmslos zu, bis jemand mich sanft hinausschob und mir draussen mitteilte, ich solle nach Hause gehen. *Wie? Was?*
*Sie können hier nichts tun, wo ist Ihr Mann?*
*Andreas?*….

Irgendwann war ich zu Hause angekommen, benommen lief ich ins Wohnzimmer, setzte mich und wartete. Wartete, bis das Telefon klingelte. Doch nicht die Praxis war am anderen Ende der Leitung, sondern Andreas. Gilli hatte es nicht geschafft. Sie konnten sie nicht mehr zurückhalten, der Körper zu sehr geschwächte. Doch wie konnte das sein? Eine 5.5 Kilo starke Katze? Es hätte mir doch Tage, Wochen zuvor auffallen müssen. *Nein, Frau Gort, Parvovirose ist sehr schnell und effizient, also äusserst aggressiv. Weiter möchten wir Sie vorbereiten, wird es mit grosser Wahrscheinlichkeit zu weiteren Todesfällen in Ihrer Zucht kommen und möglicherweise werden alle Tiere sterben!* Andreas erklärte mir sehr sachlich, dass wenn Gillianne in der Tat an diesem einen Virus erkrankt war, er keine Reanimierung wünschte, weil in erster Linie der Schutz der anderen Tiere nun an oberster Stelle stehe und die Untersuchung ergab Parvovirose, wenn auch mit einigen Fragezeichen. Denn eine Blutuntersuchung konnte nicht mehr durchgeführt werden. Da Gilli bereits tot war. Trauern konnte ich nicht um Gilli. Der Ausbruch der Krankheit bei all unseren anderen Katzen würde sich innert 14 Tage vollziehen. Was heissen würde, Mitte/Ende Februar 2011 würde es keinen A-Riverway mehr geben. Doch gerade das war für mich nicht matchentscheidend. Zu sehen, wie das Leben, wie Sand durch die Finger weg rinnt, war das Schrecklichste, was ich je erlebt hatte, und ich wollte dies meinen anderen Tieren ersparen. So wanderte ich nachts durchs Haus, die Aussenanlage, kontrollierte alles, suchte jede Katze auf, bis ich übermüdet, den Tag nicht mehr bewältigen konnte. Nach zwei Wochen war nach wie vor noch immer alles ruhig. Die nachträglichen Untersuchungen ergaben keine weiteren Auffälligkeiten oder Erkrankungen bei Erwachsenen und den Kittentiere. Den Jüngsten, zweimonatigen Kätzchen ging es hervorragend. Ich wurde misstrauisch, ich wurde fragend und dann begann die Suche, die Recherche, die Ermittlungen nach dem Warum.

Die Untersuchung ergab, dass zu keinem Zeitpunkt zu 100% die Erkrankung durch Parvovirose sichergestellt oder belegt werden konnte. Es konnte aber auch zu keinem Zeitpunkt zu 100% belegt werden, dass Gilli nicht doch durch dieses Virus verstorben war. Wir mussten mit der Diagnose leben, welche uns die Tierärzte, Tierspital und auch andere Züchter belegten, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit Gilli an einer Impfreaktion verstorben war. Doch warum? Und wie? Ich nahm Gilli’s Impfpass legte ihn mit einem Foto von Gillianne ab, blätterte noch einmal im Impfpass und stiess auf diesen einen Impfaufkleber. Eine Marke, eine Firma, die ich noch nie gesehen, noch davon gehört hatte. Die Recherchen ergaben, dass weitere Zuchtkatzen aus Schweizer und Deutschen Zuchten an dieser Impfung erkrankt waren. Alle Zuchttiere waren nicht verwandt, noch zueinander bekannt oder hatte Kontakt zueinander.  Jedoch hatte jedes dieser Tiere die gleiche Impfung, der gleiche Impfstoff, der gleichen Vertriebsfirma. Es wurde sogar bekannt, über das Zürcher Tierspital, dass der Hersteller den Impfstoff allenfalls noch zu wenig erprobt hatte. Klar wollte ich gegen all dies vorgehen. Doch mir wurde tunlichst davon abgeraten. Ich würde keine Chance haben, absolut keine!

Gilli werde ich nie mehr zurückerhalten. Nie mehr! Die Züchterin wurde in der Trauer wütend und beschuldigte mich, dass ich Gillianne umgebracht hätte. Ja so gesehen, hat sie sicherlich recht. Doch die Begründung, weil sie mir nicht gefiel, Gillianne sich nicht gut entwickelt hätte, ist Dummheit pur. Ich wünschte, ich würde einen Weg finden, meine Gilli zurückzubekommen. Doch ich musste mich mit der traurigen Tatsache abfinden, dass in dieser Welt, der Mensch manchmal zu klein für gewisse Organisationen, Firmen und Projekte ist. Eines habe ich mir aber geschworen und bis heute gehalten. Dieser eine Impfstoff gibt es nie, nie wieder! Nicht in meiner Zucht, nicht bei unseren Tieren! Ich streite mich mit Tierärzten, welche diesen Stoff den Tieren injizieren wollen, lasse sie stehen, verlasse unverzüglich die Praxis, nehme meine Tiere mit und niemand wird jemals wieder diesen Scheiss einer meiner Tiere injizieren. Das schöre ich!

Beim ersten Mal tat es nicht weh. Ich hatte genügend Abstand gefunden. Heute ist es vielleicht die durchtanzte Nacht, die kurze, knappe Schlafpause, denn jetzt mein Herz, blutet meine Seele und dennoch, ich lasse Dich noch einmal leben, noch einmal teile ich Erinnerungen an Dich mein Herz.

Und nun schliesse ich ein weiteres Mal, Dein Impfbüchlein. Lege Dein Blatt, Dein Foto ab. Nur ein Jahr wurde uns geschenkt, aber ich durfte eine berührende Herzlichkeit, Wärme und Lieblichkeit erfahren, die ich nicht oft bei Tieren sah. Bei Dir aber schon – Gillianne. 

Und nächstes Mal geht diese Reise weiter.

Herzlichst

Ihr

A-Riverway